AlterNsgerechte Arbeitsbedingungen im Industriepark Bocholt

Mitmachen, oder Chance verpassen? Projektauftakt „AlterNsgerechte Arbeitsbedingungen im Industriepark Bocholt“ im Siemens-Kupplungswerk am 29.09.2015

Noch 2002 waren rund 40 % der über 50-jährigen Erwerbsfähigen auch noch erwerbstätig, heute sind es über 60 %, Tendenz steigend. Diese Entwicklung zeigt die Auswirkungen des demografischen Wandels, welche sich schon bei den Unternehmen bemerkbar macht, so Stefan Pfeifer, Leiter des Referats „Modernisierung der Arbeit“ des Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales NRW. Im Rahmen der Auftaktveranstaltung zum Projekt „AlterNsgerechte Arbeitsbedingungen im Industriepark Bocholt“ im Bistro des Kupplungswerks der Siemens AG am 29.09. unterstrich Pfeifer in seinen Eröffnungsworten das große Interesse des Ministeriums an dem innovativen Ansatz des Projektes, welches die Möglichkeiten einer Verbundlösung  zu alternsgerechten Arbeitsbedingungen untersuchen soll. „Wer hierbei nicht mitmacht, verpasst eine Chance!“, griff Pfeifer die Intention der Veranstaltung auf Unternehmen für dieses Projekt zu gewinnen und richtete diesen Aufruf an die rund 50 anwesenden Unternehmensvertreter.

Unter Leitung der EWIBO, der Entwicklungs- und Betriebsgesellschaft der Stadt Bocholt, haben sich die Wirtschaftsförderung Bocholt, die Westfälische Hochschule, das Institut für Beschäftigung und Employability (IBE, Ludwigshafen) und die Siemens AG zu einem Projektteam zusammengeschlossen. Eingebunden sind mit den Firmen Caisley International GmbH, Lebo GmbH, Rudolf Ostermann GmbH, Pieron GmbH und Tekloth GmbH auch bereits  5 weitere „KMUs“ (kleinere und mittlere Unternehmen), welche die wesentliche Zielgruppe des Projektes darstellen.

Frau Prof. Dr. Jutta Rump, Leiterin des IBE, führte mit Ihrem Vortrag tiefer in das Thema „Alternsgerechtes Arbeiten im I-Park Bocholt“ ein. Sie erläuterte, dass einerseits technologische Entwicklungen wie Industrie 4.0 die Nachfrage nach Arbeitskräften durch Produktivitätssteigerungen beeinflussen, andererseits gesellschaftliche Trends die Werteeinstellung der demografisch kleiner werdenden jüngeren Generationen das Angebot hinsichtlich von Arbeitskräftepotential en stark beeinflussen. Die Unternehmen sehen sich zunehmend in einem Spannungsbogen eines geringer werdenden, auf eine ausgewogene Work-Life-Balance gerichteten Angebotes an Nachwuchskräften und dem zunehmenden Wettbewerbsdruck durch den Markt und die dadurch erforderliche Innovationskraft. Spürbar sind diese Entwicklungen sowohl in den Bewerbungsgesprächen mit den Nachwuchskräften, die sich der Bedeutung als „knappe Ressource“ zunehmend bewusst sind, als auch in dem stetig steigenden Durchschnittsalter in den Unternehmen, welches alle zwei Jahre um 1 Jahr zunimmt und derzeit bei 46 Jahren liegt. Die Tatsache, dass der relevante Arbeitskräftemarkt kleiner wird, führt dazu, dass andere Potenziale gehoben werden müssen, im Besonderen die der älteren Mitarbeiter. Zunehmen muss ein stärken- und talentorientierter  Personaleinsatz in den Unternehmen, was zu einer höheren Motivation und Identifikation mit dem Unternehmen führt, welche neben der Kompetenz und der Gesundheit die wesentlichen Säulen der Beschäftigungsfähigkeit darstellen. Hieraus ergeben sich Handlungsfelder für die jeweilige Unternehmenskultur, da die reaktive,  die präventive Gesundheitsförderung, sowohl physisch wie  psychisch eines der zentralen zukunftsorientierten Themen sein wird.

Inwieweit diese Themen schon bei den Unternehmen vor Ort angekommen sind, wurde in einer anschließenden Diskussion deutlich, bei der u.a. Stefan Boland als Geschäftsführer der Tekloth GmbH darstellte, wie durch eine aktuell im Unternehmen durchgeführte Potentialberatung genau diese Handlungsfelder aufgedeckt worden sind. Die psychischen Belastungen nehmen stetig zu, so auch die Erkenntnis von Herrn Andreas Wendland, Betriebsrat bei der SIEMENS AG. Nicht allein körperliche Einschränkungen führen dazu, dass Mitarbeiter nicht mehr beschäftigungsfähig sind, sondern verstärkt die psychosozialen Belastungen. Wendland wies darauf hin, dass die Zahl der sogenannten Fürsorgearbeitsplätze, auf denen Mitarbeiter mit gesundheitlichen Einschränkungen ein neues Beschäftigungsfeld finden könnten, durch Outsourcing von Diensten und Gewerken durch steigenden Kostendruck stetig abnehmen, wobei der Bedarf für diese jedoch zunehme. Es sollte in den Unternehmen überlegt werden, ob nicht Aufgaben wieder ins Unternehmen hinein geholt werden können, um so Perspektiven aufzeigen zu können.  Da dies für kleinere Unternehmen weitaus schwieriger ist, verwies Frau Dr. Julia Pradel von der LEBO GmbH auf die Überlegungen des Projektes, evtl. eine Verbundlösung zu finden, bei der im Zusammenschluss diese Handlungsfelder bearbeitet werden könnten.

Zum Abschluss machte Stefan Pfeifer vom Ministerium noch einmal deutlich, dass auch die aktuelle Flüchtlingsthematik zwar in gewissem Maße Potenziale und Entlastungen für den Arbeitsmarkt biete könnte, doch hierdurch nicht von den grundlegenden Themen, wie sie in dem Projekt „Alternsgerechte Arbeitsbedingungen im Industriepark Bocholt“ bearbeitet werden, abgelenkt werden darf. Durch die Stärkung eines Wissenstransfers zwischen den Generationen muss den gesellschaftlichen wie technologischen Entwicklungen in der Arbeitswelt begegnet werden.

So sind Unternehmen aus dem Industriepark eingeladen, sich ebenfalls in diesem auf ein Jahr angelegten Projekt zu beteiligen und an einer möglichen Verbundlösung für den Standort „I-Park“ mit zu arbeiten. Ansprechpartner hierfür sind Elisabeth Schmeinck von der EWIBO (Tel. 02871 21765298 / eschmeinck@ewibo.de ) und Sascha Terörde von der Wirtschaftsförderung Bocholt (Tel. 02871 29493321 / teroerde@bocholt-wirtschaftsfoerderung.de).